Im Interview: Robby Risch

Person:

Alter:
46 Jahre
Beruf:
Diplombetriebswirt (FH) / Selbstständig
Familienstand:
verheiratet / 1 Sohn (6 Jahre)
Politiker:
Stadtrat in Weißenfels seit 1999,
Kreistagsmitglied seit 2007


Red.: Wo würden Sie sich politisch einordnen?

R.R.: Wenn sozial gleich links bedeutet, dann eher links. Letztendlich erfolgte mein Einstieg in die Politik über die Wählerliste der PDS. Grundsätzlich bin ich der Meinung das Parteienpolitik auf kommunaler Ebene nebensächlich sein sollte. Es gilt die Interessen der Bürger zu vertreten. Nirgendwo geht das konkreter als in der Kommunalpolitik.

Red.: In Ihrer Kurzdarstellung fehlt Ihre Konfession, darf man danach fragen?

R.R.: Die Frage nach der Konfession ist für mich gleichbedeutend die Frage nach Gott. Für mich als Atheisten stellt sich dann schon mal die Frage „Wessen Gott?“. Der eines Georg W. Bush oder der eines Saddam Husseins? Feldzüge welcher Art auch immer dienten doch seit Jahrhunderten ökonomischen Zielen. Früher Pfeffer, heute Öl. Wenn Menschen in ihrem Glauben Führung, Trost und Halt finden geht das in Ordnung und ich ziehe jederzeit den Hut vor denen, die sich um ihre Mitmenschen kümmern. In Bezug auf die Kirchen geschieht dies in weit größerem Umfang tun als es allgemein wahrgenommen wird. Diese Aktivitäten werde ich auch weiterhin unterstützen. Auch denke ich, dass die Kirche einen großen Anteil an der Definition unsere heutigen Wertmaßstäbe hat. Aber bitte nicht mit dem Alleinvertretungs-anspruch, denn die 10 Gebote sind allgemeine Regeln der menschlichen Gesellschaft.

Red.: Sie sind im Kreistag mit der SPD und dem Behindertenverband in der gleichen Fraktion. Warum unerstützt sie die SPD vor Ort nicht und hat sich mit Herrn Riemer für einen Kandidaten der FDP eines neoliberalen Herrn Westerwelle entschieden?

R.R.: Die Frage kann ich nicht beantworten. Natürlich habe ich mich um deren Unterstützung bemüht. Dem Vernehmen nach, scheiterte es an meiner Weigerung als Einzelkandidat für die SPD anzutreten. Andere hatten da offenbar weniger Skrupel. Doch warum sollte ich „Bürger für Weißenfels“ und unsere überparteilichen Ziele verleugnen?

Red.: Sie nehmen als einziger Kandidat eine kritische Stellung zum Schlachthof ein. Gibt es dafür konkrete Gründe?

R.R.: Mehrere, aber zuerst eine Klarstellung. Ich bin genau so wenig wie die Bürgerinitiative für einen Weggang des Unternehmens. Das Unternehmen ist einer der größten Arbeitgeber und Steuerzahler der Stadt, dass durch Bund, Land und Kommune mit Millionen Euro gefördert wurde. Zum Beispiel als die unmittelbaren Anlieger per Gerichtsbeschluss ein Verbot des Nachtbetriebes erwirkten, war es die Stadt, die für rund 2,8 Mio. Euro deren Grundstücke aufkaufte. Weil zwei 90° Kurven in der alten Zufahrt hinderlich waren, hat die Stadt mit den Stadtwerken für rund 1,6 Mio. Euro eine neue Zufahrt gebaut. Doch mit welchem Ergebnis? Es kommen immer neue Forderungen. Eine neue Abzweigung von der B 91 für rund 2,0 Mio. Euro oder zuletzt nach einem neuen Klärwerk für geschätzte 6,0 – 8,0 Mio. Euro, natürlich wieder zu Lasten der Bürger, wie das gesamte Planverfahren. Dabei konnten bis heute weder Verwaltung noch Unternehmen den Nachweis der Standortverträglichkeit nachweisen. Aber gebaut wurde trotzdem. Ich denke der Standort ist ausgereizt. 8.500 Schweine/Tag, meinetwegen auch 10.000, stellen meines Erachtens das Limit dar. Und ich kann auch nicht die Meinung eines Herrn Freiwald (Die Linke) teilen, dass es nicht dem Unternehmen anzulasten sei, wenn aus Arbeitskräftemangel vor Ort auf ausländische Arbeitnehmer zurückgegriffen werden muss. Liegt es nicht eher an den Arbeitsbedingungen, der Bezahlung, dem allgemeinen Betriebsklima. Hier stellt sich konkret die Frage: Was fördern wir denn eigentlich im Namen der Weißenfelser Bürger?

Red.: Die Firma Tönnies stand unlängst wegen der Überwachung seiner Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück in der Kritik. Sind Ihnen solche Dinge auch aus Weißenfels bekannt?

R.R.: Nein, doch vorstellen könnte ich mir das schon. Als mein Fraktionsmitglied Rainer Pfannenschmidt (STATTPARTEI) im letzten Stadtrat Herrn Rauner dazu befragte, kam eine sehr bezeichnende Antwort: „Wenn ich derzeit mit Herrn Tönnies spreche, dann über ein neues Klärwerk ….

Red.: Dem Vernehmen nach standen Sie ob ihrer konsequenten Haltung bei der Vorstellung der Kandidaten vor der Unternehmerschaft unter „Beschuss“.

R.R.: Ich denke das ist übertrieben ausgedrückt und stellt bei weitem nicht die Meinung der Mehrzahl der dort Anwesenden dar. Aber ich kann den Grundwiderspruch auch anders darstellen: Einer der Anwesenden fragte, ob ich denn etwas gegen die Schaffung von Infrastruktur hätte. Dieser Unternehmer (übrigens nicht wohnhaft in Weißenfels) sollte sich auch einmal fragen ob neben einem neuen Klärwerk, nicht auch ein Schwimmbad, ein Kino, eine bessere Kinderbetreuung oder ein attraktives Saaleufer zur Infrastruktur gehörte. Dinge für die dann kein Geld verbleibt! Außerdem kann doch heute niemand sagen, ob in 10 Jahren immer noch ein Markt für täglich 20.000 Schweine/Tag besteht. Aber Kosten für ein neues Klärwerk garantiert für weitere 20 Jahre. Aber das zahlt ja der Bürger. Wo bleibt denn Herrn Rauner`s beliebtes Kellnerprinzip „Wer bestellt, bezahlt?“

Red.: Sie unterstützen das oft als Spinner und fremdgesteuert bezeichnete Altstadtbündnis? Haben Sie einen anderen Blickwinkel?

R.R.: Vorab ein Fakt! Ganze 8 Mitglieder sind ehemalige Weißenfelser, die heute in den Altbundesländern wohnen. Ich ziehe den Hut vor deren Engagement und der Courage monatlich von München, Regensburg oder aus dem Ruhrgebiet nach Weißenfels zu kommen, sich für ihre Geburtsstadt zu engagieren um dafür von deren Repräsentanten verunglimpft zu werden. Und von Fremdsteuerung kann bei ca. 50 Mitgliedern keine Rede sein! Außerdem vertritt dieses Bündnis Standpunkte die auch ich seit 2005 im Stadtrat einfordere. Z.B. Verkehrberuhigung in der Damm-, Kloster- oder Saalstrasse. Erhalt der Stadtstruktur, Wiederbelebung der Innenstadt u.v.m. Paradoxerweise vertritt Herr Rauner seit wenigen Wochen die selben Standpunkte der „Geächteten“: „Rückbau von aussen nach innen“, „Verkehrsberuhigung der Klosterstrasse“, „IBA in die Saaleaue“, Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes für das Kloster…. . So falsch können die Damen und Herren offensichtlich nicht gelegen haben.

Red.: Ihre Meinung zum Baugeschehen in der Marienstrasse?

R.R.: Städtebaulich hat Weißenfels hier ganz klar verloren. Auch wenn durch das Engagement des Altstadtbündnisse, die geplante „Idylle“ mit Gärten, Carports und Baumarktschuppen zur Klosterstrasse verhindert werden konnte. Ich kann dem heutigen Stand kaum etwas Gutes abgewinnen. Von den immens gestiegenen Kosten einmal abgesehen. Allein die Umplanung von 10 auf 9 und heute 7 Häuser kostete die Stadt zehntausende Euro. Mit dem Ergebnis, dass Sie zukünftig gegenüber 7 Garagentoren verweilen dürfen. Weißenfels hat eben gute Berater. Übrigens hätte man schon vor Jahren bauwilligen Familien die Grundstücke und 90,0 T€ pro Haus schenken können, denn genau das ist passiert! Als es noch Baukindergeld und Eigenheimzulage gab, hätte sich so vor allem jungen Familien eine gute Gelegenheit geboten Eigentum zu schaffen. So war es eher ein Deal zwischen zwei Skatbrüdern. Das Pflegeheim widerspricht der geltenden Gestaltungssatzung der Stadt und hätte als Teilnutzung eher in das Kloster gehört

Red.: Zum Thema Kultur, Sie schlagen eine Stiftung „Jugend & Kultur Weißenfels“ vor. Was darf sich der Leser darunter vorstellen?

R.R.: Der Stiftungsgedanke ist recht einfach. Nimm Geld, lege es an und tue mit den Zinsen Gutes. Die Stadt erhält in den nächsten Jahren per Ratenzahlung rund eine Million Euro aus einem Grundstücksverkauf. Diese Geld zu 5% angelegt bedeutet am Ende 50,0 T€ zusätzlich und ohne Zugriff aus „haushaltsrechtlichen Gründen“, Jahr für Jahr in gemeinnützige Vorhaben. Eine Senkung der derzeitigen Haushaltsmittel wird es mit mir nicht geben. Der Name und für „Was“ muss natürlich noch beraten werden. Aber nur ein Beispiel: Solange Weißenfelser Kinder am Monatsende mit einem Schluck Wasser im Bauch zu Schule traben oder über die „Tafel“ versorgt werden müssen, sehe ich keinen Mangel an Aufgaben.

Red.: Abschließend noch ein kurzes Statement zu Ihren Mitbewerbern.

R.R.: Zum heutigen Amtsinhaber möchte ich mich nicht äußern, da sprechen die Ergebnisse seiner „Arbeit“ für sich oder einfach die Abstimmung mit den Füßen: Jährlich verlassen erheblich mehr Weißenfelser Ihre Heimat aus Fremde zuziehen. Herr Freiwald und Herr Riemer haben erst im Wahlkampf „erkannt“, dass sich etwas ändern muss. Als Mitglieder des Stadtrates hatten Sie genau wie ich, jahrelang die Möglichkeit sich für eine bessere Politik einzusetzen. Und die Mehrheitsverhältnisse hätten eine bürgerfreundlichere Politik ermöglicht. Aber das lässt für die Zeit nach der Wahl hoffen! Herrn Schwalbe bzw. Herrn Gutjahr kann ich schwer beurteilen, sind sie doch erst mit der bevorstehenden Wahl an (bzw wieder an) die Öffentlichkeit getreten.

Red.: Sie haben als letzter Ihre Plakate angebracht. Gab es da einen konkreten Grund?

R.R.: Eigentlich hätte ich am liebsten ganz darauf verzichtet, denn das derzeitige Straßenbild finde ich einfach furchtbar! Aber das geht natürlich nicht. Der konkrete Anlass war ein anderer. Als Kandidat einer Bürgerbewegung kann ich weder auf Parteigelder, noch Großsponsoren zurückgreifen. Letzteres hätte ich es auch gar nicht gewollt, ist man damit doch dem Geldgeber verpflichtet. Aber Dank vieler kleiner Spenden und der Hilfe meiner Mitstreiter konnte ich letztlich auch präsent sein. (Ich danke Euch allen!)

Red.: Vielen Dank und alles Gute!

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