Die Stunde der Sprücheklopfer

Am 16.04.08 fand die wohl letzte gemeinsame Vorstellung der Kandidaten zur Weißenfelser Oberbürgermeisterwahl im Kulturhaus statt. Moderator war Pfarrer Lothar Tautz. Der Mann der für meine Begriffe als Symbolfigur der Wende in die Weißenfelser Stadtgeschichte eingegangen ist. Ich werde sein mutiges Auftreten in den vielen Veranstaltungen in der Marienkirche nie vergessen. In einer Zeit, als es noch gefährlich war und als viele von denen, die sich heute mit ihm auf eine Stufe stellen wollen, noch abwartend im Hintergrund standen. Wir haben uns seit dem alle verändert. Logisch. Auch er. Lesen Sie bitte meine Bewertung als ein Teilnehmer an nun drei Veranstaltungen dieser Art.

Eines vorweg: Tautz hat mich hier enttäuscht. Freilich unterstelle ich ihm keinerlei böse Absichten und so etwas ist verdammt schwer zu machen. Es handelte sich aber um keine TV-Talk-Show, in der ein pünktliches Ende eingehalten werden muss. Anders als die bisherigen Moderatoren hatte er sich selbst zwar klugerweise zurück gehalten, sein praktiziertes Zeitregime erinnerte mich allerdings an so manche Stadtratssitzung, in der mit Berufung auf die Redezeit allzu oft kritische Ausführungen verhindert wurden. Kurze Fragen, kurze Antworten. Das war das Motto des Abends. Wer also eine echte, lebhafte und den Weißenfelser Zuständen angemessene kontroverse Debatte erwartet hatte, in der ein paar wesentliche Themen einmal öffentlich bis auf der Grund ausdiskutiert werden, wurde enttäuscht. Oberflächliche Fragen und oberflächlich Antworten. Mehr konnte sich nicht entwickeln. Hohe Zeit für Sprücheklopfer wie Rauner und Freiwald, die so nicht befürchten mussten, dass ihre Beiträge kritisch hinterfragt werden konnten. Sie traten auf wie der Chef und sein Stellvertreter. In allen wesentlichen Dingen eine Meinung. Stadtumbau, Finanzen, Schlachthof: Im Grunde bis auf leichte Mängel eigentlich alles Paletti.
Zeit auch für provokante Fragen und Unterstellungen aus den Fangemeinden, die reichlich anwesend waren. Bergmann wollte Risch unterstellen, dass der eine Belebung der Innenstadt durch quasi Zwangsumsiedlung älterer Plattenbaubewohner aus den Stadtrandgebieten vorhätte und Hagel wollte Schwalbe u.a. die Kompetenz beim Thema Bundeswehrstandort streitig machen. Die Angegriffenen wehrten souverän ab und so manche Aktion ging nach hinten los.
Ansonsten fast alles wie gehabt: Drei in einem Boot. Risch und Schwalbe mit glaubhafter Gesamtdarstellung und ein bemerkenswerter Zugang: Stephan Gutjahr. Aussichtslos für einen Wahlsieg- aber von hoher Symbolkraft in diesen Zeiten. Ein Bürger dieser Stadt mit gesundem Menschenverstand tritt gegen alle an, anstatt am Wahltag aus Frust vielleicht zu Hause zu bleiben. Gut, dass es auch so etwas noch gibt. Schade nur, dass seine Stimmen auch verlorene Stimmen sein können und vielleicht denen fehlen, die auch seinen Zielen noch am nächsten kommen.

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