Meine Kritik an der Stadtentwicklung und der Konzeptomanie

Das aktuelle Pamphlet ist schlecht gegliedert, inhaltlich konfus und schlecht formuliert. Die Darstellung von Ursachen, Wirkungen, Zusammenhängen, Begründungen und Schlussfolgerungen ist mangelhaft oder nicht vorhanden. Es ist eine offensichtliche Aneinanderreihung von bekannten und zugearbeiteten Teilinformationen ohne wirkliche innere Bindung. Unglaublich, was da von einer Professorin vorgestellt wurde. Hier eine Kostprobe: aus Seite 19/20:

“ Das Förderprogramm Stadtumbau Ost wurde in Weißenfels bis dato noch nicht in `Größenordnungen’ für die Anpassung der Bestände genutzt. Ein großes Hemmnis stellen dabei der hohe Sanierungsgrad in den Plattenbaugebieten und die Eigentumsraten in den absehbar gefährdeten Wohnungsbeständen der 1950er und 1960er Jahre dar. Desweiteren kann festgestellt werden, dass mit dem Blick auf die getätigten Abrissmaßnahmen keine Parität zwischen den beiden großen Wohnungsunternehmen hergestellt werden konnte. Die Balance zwischen Abriss und Aufwertung konnte noch nicht hergestellt werden. Aufwertungsmittel stehen nur in begrenztem Maße zur Verfügung und wurden für ausgewählte, nicht in jedem Falle stadträumlich und stadtstrukturell optimale Maßnahmen verwendet.
Stadtumbau Ost bietet bislang noch wenig wirksame Instrumente zum Umgang mit kleinteiligen Altbaubeständen, speziell für ihre Aufwertung im Sinne einer Revitalisierung. Darüber hinaus stehen nicht mehr so umfangreiche Städtebaufördermittel für die Sanierung der Altstadt bereit, wie noch in den 90er Jahren. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Bündelung von Maßnahmen in Schwerpunktprojekten (siehe z.B. Marienstraße oder IBA Projekte in der Neustadt) als tragfähige Strategie.“

Das steht da einfach so unter

„6.2. Veränderte Rahmenbedingungen und aktuelle Problemkulisse.“

Ohne jeglichen konkreten Bezug. Ohne Zahlen, Belege, Hintergründe, Ursachen, Wirkungen, Begründungen, Ableitungen und Schlussfolgerungen. In sich falsch und irreführend. Was heißt hier Parität, Balance, Aufwertungsmittel? Was heißt hier stadträumlich und stadtstrukturell optimal? Wenig wirksame Instrumente? Tragfähige Strategie? Für wen und was?Da hat irgendjemand etwas zugearbeitet, und ein anderer hat es einfach so eingefügt. Unglaublich! So viel Unfug habe ich in Sachen Stadtentwicklung bisher nirgendwo gelesen. In meiner Tätigkeit als Lehrer an der Ingenieuerschule für Lederverarbeitungstechnik habe ich hunderte wissenschaftliche Abschlussarbeiten betreut. Selten waren so schlechte dabei. Aus dieser Erfahrung gäbe es hier nur ein Urteil: Thema weitgehend verfehlt. Note 5.

In billigster Form wird hier klar, worum es eigentlich geht: Pfründe sichern. Abzocken wie bei Planungen und Konzepten in der Marienstraße, bei IBA usw. In den Maßnahmeplänen zu den einzelnen Stadtteilen kommt es dann auf den Punkt. Mit so etwa 50 Maßnahmen wird Arbeitsbeschaffung für Planer und Gutachter betrieben. Dafür steht dann Konzept „Konzeptansatz“, „Planung“, „avisiert“, „vorbereitende Untersuchung“…
Man will weiter so machen und bereitet schon mal alle darauf vor. Auf Mehrheiten im Stadtrat konnte man sich schon immer verlassen. Wieder ein Beleg dafür, was ich immer wieder betonen kann: Stadtentwicklung der vergangenen Jahre unter Rauner war und ist ein Sammelsurium von Einzelprojekten ohne innere Bindung aus einem Urban 21-Konzept, einem Konzept Städtebaulicher Denkmalschutz „Altstadt mit Schloss“, Stadtteilentwicklungskonzept „Neustadt-Nord“, einem städtebaulichen Neuordnungskonzept, einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme "Neustadt Weißenfels", einem IBA 2010-Konzept, Projekte Marienstraße, Saale- Promenade, sowie diverser undurchsichtiger Verflechtungen aus Voruntersuchungen, Machbarkeitsbetrachtungen, Maßnahmekatalogen, weiteren Konzepten und Wettbewerben, Gutachten um die Themen Markt, Marienstraße, Einzelhandelskonzept, Schlosskonzept, Bäderkonzept, Sportstättenkonzept, Konzepte zur Zentralisierung der Verwaltung, Bewirtschaftung Kulturhaus, Workshops und Bürgerinformationen zur allgemeinen Massenverdummung.
Das meiste führte praktisch zu nichts. Die Altstadt als Ensemble verfällt weiter. Riesige Mittelverschwendung. Ein sog. "Netzwerk" hat sich zu einer fast undurchdringlichen Filzmatte entwickelt.
Und darüber hinaus schon wieder Pseudo-Planungen in langfristige Entwicklungen, obwohl die Stadtarchitektin sich nicht einmal sicher sein kann, ob z.B. Fördermittel für die Sanierung der Kavalierhäuser ab 2009 zur Verfügung stehen werden.
Und wenn im Stadtrat sich nach unsäglichen Mittelverschwendungen endlich leichter Widerstand gegen das Wegdrücken der Verantwortung durch die Verwaltung regt, dann resultiert daraus ein Auftrag an die Verwaltung- ohne Einschaltung externer Büros- festzustellen, ob bis zum Jahr 2013 finanzielle Spielräume vorhanden sind, um auch die Oberfläche des Marktes zu sanieren. Und das nach bereits verplemperten weit über 200.000,-Euro für derartige Planungsmaßnahmen ohne jegliche strukturelle und konzeptionelle Zusammenhänge.

Ganz beiläufig ist auch im neuen Konzept die Rede von Neugestaltung der Aufenthalts-und Freizeitflächen am Saaleufer im Bereich der Dammstraße.
Maßnahme 2, Seite 39, Saale- Terrassen / Stadtbalkon als Konzeptansatz: Entwicklung der Flächen zwischen Saale und Dammstraße als IBA- Projekt mit einem Qualifizierungsverfahren.

Als ein Investor im Juni 2006 der Stadt ein Angebot zur Errichtung von PKW-Stellplätzen in der Dammstraße ohne jegliche Kosten für die Stadt und als Zwischenlösung bis zur Umsetzung des B-Planes machte, kam folgende Antwort:
„Der B-Plan 26a „Uferbereich Dammstraße“, welcher über diesem Bereich liegt, ist seit 11.11.05 rechtskräftig. Die Umsetzung wird in Etappen erfolgen. Der Bau der Stellplätze wird als Maßnahme vorgezogen. Die Planung erfolgt noch im Jahr 2006. Entsprechende Vertragsverhandlungen sind in Arbeit. Die Realisierung ist bereits für 2007 vorgesehen. Ich gehe davon aus, dass diese Parkplätze zur Entspannung der jetzigen Situation beitragen werden. Für Rückfragen steht Frau Wagner zur Verfügung.“

Rückgefragt wurde, getan hat sich bis heute nichts. Da wird also ein rechtskräftiger B-Plan einfach neu überplant. Ein Beispiel für absolutes Versagen des Quartiersmanagements. Wie schon früher bei „Urban 21“. Das meiste sind Seifenblasen.
Die gesamte Fläche präsentiert sich weiterhin als städtebauliche Brache. In der Innenstadt fehlen immer noch diejenigen ca. 80 Stellplätze, die durch die Baumaßnahmen in der Marienstraße weg gefallen sind.

Zum Thema „Platte“
Aus Verhandlungen mit den Mietern der WBG hinsichtlich geplanter Abrisse innerhalb der
Kugelberg-Platte kann man hören, dass frei zulenkende Restmieter nach sanierten Altbauwohnungen in der Innenstadt als Ersatzwohnung nachfragen. Die WBG kann aber nur andere Plattenbauwohnungen anbieten, die eine steigende Anzahl von Mietern aber nicht mehr will. Hier wird das Dilemma der Rauner`schen Stadtplanung deutlich. Über viele Jahre hätte eine im Rathaus ansässige Stabstelle – wie in anderen Städten mit Erfolg praktiziert – alle privaten und genossenschaftlichen Wohnungsanbieter so koordinieren können und müssen, dass die unausweichlichen Abrisse auf die Platte konzentriert werden und im Vorlauf dazu die historische Innenstadt systematisch saniert wird.
Die WVW als größter und stadteigener Wohnungsbetrieb muß hier eine Vorreiterrolle übernehmen, statt planlos in der Substanz herumzustochern. Über entsprechende vertragliche Regelungen hätte man so allein aus dem eigenen Bevölkerungbestand über eine quasi Umsiedlung in die Innenstadt viel retten können und müssen. Nicht nur in Leipzig hat man auf diese Weise zig-tausende Mieter in die Innenstädte zurückgeholt.
Denn eines ist klar: die Platte hat keine Zukunft (lesen Sie dazu auch bitte im Anhang) und bei aller Konzentration der eingesetzten Fördermittel und bei entsprechender Prioritätensetzung hätte man ohne finanzielle Mehrbelastung für die betroffenen Mieter unsere Innenstadt zu einem städtebaulichen Musterfall entwickeln können und müssen.

Ich hatte aufmerksame Zuhörer in der Debatte und in der Pause Zustimmung von allen Seiten. Die Mehrheit hat es jedoch nicht davon abgehalten, in der darauf folgenden Sitzung das Konzept mit großer Mehrheit zu bestätigen. Mit einer Ablehnung hätten sie sich bezüglich der gesamten Vorgeschichten ja auch Lügen strafen müssen. Inzwischen sind wir Bürger für Weißenfels ohnehin der Überzeugung, dass alles, was von uns kommt, erst einmal prinzipiell abgelehnt wird. Allzu sehr und oft haben wir dem Stadtrat den Spiegel vorgehalten und es hat sich über die Jahre eine gewisse Allergie entwickelt. Dass wir mit unserer Kritik richtig liegen, bemerkt nur der Sachkenner innerhalb der verschiedenen Unterlagen. Was von uns kam, vorher nicht beachtet oder abgelehnt wurde, taucht in verschiedenen Zusammenhängen wieder auf. So die erforderliche Verkehrsberuhigung in der Klosterstraße. Schon vor Jahren von uns gefordert, um für die vorhandene historische Bausubstanz für Investoren und potentielle Mieter attraktiver zu gestalten. Aber man wollte ja abreißen und da waren solche Vorschläge unpassend. Wenn es nun darum geht, Neumanns Vorstadthäuser zu beleben, kommt das Thema wieder auf die Tagesordnung. Mit unserer Forderungen Verwaltung in die Kavaliershäuser oder IBA an die Saale und anderen Themen machen wir ähnliche Erfahrungen. Einen Gewissen Höhepunkt erleben wir gerade zum Thema dieses Stadtentwicklungskonzeptes.

Von der SPD-Stadtratsfraktion kam der Antrag auf Ergänzung des Beschlussvorschlages zum Stadtentwicklungskonzept 2020 (Seko 2020)
Vorschlag:
Für die Umsetzung des Seko 2020 ist ein Maßnahmeplan zu erarbeiten, der konkrete Zielstellungen hinsichtlich Aufgabe, Finanzierung, Zeitraum, Verantwortlichkeit beinhaltet. Zeitraum 2009 – 2014.
Schwerpunkt ist die Belebung und Erhaltung der Innenstadt. Termin: 30.10.2008
Begründung: Das Stadtentwicklungskonzept in der vorliegenden Form ist ein Grobkonzept mit schlüssigen aber allgemeinen Aussagen.
Seine Umsetzung erfordert ganz konkrete Maßnahmen. Dabei sind die vorliegenden Planungen Eisengießerei und altes Kasernengelände einzubeziehen. Ebenso die Aufgabe der Erhaltung der wichtigsten Sanierungsobjekte laut Prioritätenliste.
Vorsitzender: Siegfried Hanke.

Ähnlich äußert sich dann auch die Fraktion der Linken: Das Papier müsse konkrete Aussagen zur Innenstadt, den Zu- und Ausfahrten der Stadt, Arealen wie Saaleaue, Promenade und Lutherkirche enthalten. Eine Prioritätenliste des Denkmalschutzes sei neu zu klassifizieren und zu bewerten.

Das bedeutet nichts anderes als: Wir wollen ein Stadtentwicklungskonzept, denn das was vorliegt ist keines!!! Mein Gott, was ist das für ein Affentheater. Wenige Tage zuvor hatten sie dem Pamphlet zugestimmt.

Es soll so weiter gehen.

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