Rauner – Sanierer wider Willen

Das prachtvolle Fürstenhaus ist eines der herausragenden barocken Architekturdenkmale unserer Stadt und repräsentiert noch heute geradezu in idealer Weise den hohen Anspruch höfischer Bauästhetik der Herzogszeit. Seine zweifellos teure Sanierung ist daher in jedem Falle gerechtfertigt und bezeugt dem Solitär eine überaus lobenswerte Bravourleistung der Architekten, Handwerker und Restaurateure. Ein derartiges Engagement für Bewahrung der historische Altstadt insgesamt hätte man sich nach der Wende generell gewünscht. Doch in dieser Frage versagten die Verantwortlichen der Stadt, auch wenn man noch einige gelungene Sanierungsbeispiele aufzählen könnte.

Doch bleiben wir beim Fürstenhaus, das weiterhin enormes Interesse bei den Bürgern der Stadt und vielen Gästen findet. Besonders stolz auf das wieder hergestellte Stadtpalais ist natürlich der Chef im Rathaus, Manfred Rauner. Er sonnt sich im Glanz des barocken Juwels und erweckt stets den Eindruck, als hätte er persönlich seine Rettung geschultert. Gleichzeitig achtet er darauf, dass den Kritikern seines städtebaulichen Wirken jegliche Verdienste daran abgesprochen werden. Doch Anteil an der Sanierung des Fürstenhauses hat Rauner nur insofern als diese in seine Amtszeit als Oberbürgermeister fällt und er gewissermaßen gezwungen wurde, zumindest für seine Wiederherstellung Farbe zu bekennen. Engagiert hat er sich dafür jedoch nicht. Ja er hat sie auf Grund falscher Schwerpunktsetzungen im Amt sogar zu verhindern versucht. Initiiert wurde die Rettung des Fürstenhauses ohne sein persönliches Zutun.

Zur Erinnerung: Als Rauner vor knapp sieben Jahren Oberbürgermeister der Stadt Weißenfels wurde, verkündete er zur Überraschung aller Stadträte die Zentralisierung der Verwaltung in der alten Sparkasse. Dicke Aktenordner im städtischen Hauptamt dokumentieren noch heute, mit welcher Intensität er einige seiner höchsten Verwaltungsmitarbeiter damit beschäftigte, den Umzug zu planen und diesen bis hin zur Aufteilung der Ämter und Personen auf die einzelnen Räume in der Sparkasse vorzubereiten. Zu den wenigen Kritikern an der Dezentralisierung der Verwaltung gewissermaßen am Rande der Altstadt gehörten neben meiner Person, damals war ich noch Mitglied der SPD-Fraktion, auch einige meiner Fraktionsmitglieder. Im Namen der SPD-Fraktion initiierte ich dann auch einen Antrag an den Stadtrat, das marode Fürstenhaus zu sanieren und dann als städtisches Verwaltungsgebäude zu nutzen. Die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und einige Verwaltungsmitarbeiter, darunter auch OB Rauner, besichtigten daraufhin das marode Gebäude. Demonstrativ blieb er aber mit einem höheren Verwaltungsmitarbeiter im Innenhof des Fürstenhauses stehen, um für alle sichtbar zu bekunden, dass an seiner Nutzung als Verwaltungsbau und damit auch an einer anstehenden Sanierung keinerlei Interesse bestehe. Schließlich hatte er sich ja öffentlich für die alte Sparkasse ausgesprochen. Durch die Räume des Fürstenhauses führte sein Beauftragter, Herr Kujas von der Unteren Denkmalbehörde. Entsprechen der Weisung seines Dienstherrn machte dieser dann auch deutlich, dass an einen Umbau des Fürstenhauses nicht zu denken sei. Weder sei die Größe und Struktur der Räume für Verwaltungszwecke ausgelegt noch wäre es möglich, Elektroinstallationen in dem Denkmal vorzunehmen. Inzwischen werden darin Trauungen vorgenommen. Das kostbare Zentralgemälde der Neunfelderdecke wurde rücksichtslos durchbohrt und eine scheußliche Deckenlampe darunter installiert.

Siegesgewiss führte Rauner damals dann die Stadträte in die alte Sparkasse, um dort sein von der Verwaltung gut vorbereitetes und vom Investor mit Videotechnik illustriertes
Nutzungskonzept vorzustellen. Obwohl der Sparkassenbau aus den 30er Jahren mit seinen engen und viel zu kleinen Räumen für eine moderne Verwaltung völlig ungeeignet ist, ließ Rauner nichts unversucht, um die Abgeordneten von der Eignung der Räumlichkeiten für diese Zwecke zu überzeugen. Dabei war der ehemalige Schalterraum der Sparkasse für ein künftiges Bürgerinformationszentrum vorgesehen und noch der am besten geeignete Raum überhaupt. Vermutlich hätten die Stadträte auch mehrheitlich dem Vorhaben zugestimmt, denn ich war leider einer der wenigen vor Ort, der gegen die Unsinnigkeit des Projektes heftig argumentierte. Dass das Ganze letztlich scheiterte, lag vermutlich an unüberbrückbaren Konflikten zwischen Investor und Rathauschef, die bis heute nicht öffentlich zur Sprache gekommen sind. Fakt ist jedoch, dass Rauner in dieser Sache ohne politischen Auftrag des Stadtrates, also eigenmächtig gehandelt und Verwaltung und Stadträte über Wochen mit diesem Projekt belastet hat. Der Investor hatte sich dabei tief verschuldet, denn die Entkernung der Sparkasse und die Beräumung des Quartiers hat ihm richtig Geld gekostet. Inzwischen ist er insolvent und eine Bank hat die Konkursmasse übernommen.

Zurück zum Fürstenhaus: Die Mehrheit der Stadträte und der OB lehnten damals den Antrag der SPD-Fraktion ab, das barocke Stadtpalais für Verwaltungszwecke nutzbar zu machen. Es wäre heute vermutlich aus Sicherheitsgründen längst gesperrt worden. Dass es doch noch zu einer glücklichen Rettung des Barockgebäudes kam, ist letztlich Dr. Peter Seyfried, Gebietskonservator der Oberen Denkmalschutzbehörde, zu verdanken. Ihm gelang es nämlich, den Vorsitzenden der Bundesstiftung Denkmalschutz, Prof. Gottfried Kiesow, für dieses überregional bedeutsame Denkmal zu interessieren. Prof. Kiesow weilte dann auch im März 2003 mit einer Gruppe von Fachexperten der Stiftung, Vertretern des Bauministeriums Magdeburg und Fachjournalisten überregionaler Zeitungen in Weißenfels. Nach einem Stadtrundgang besichtigten sie mit großem Interesse den Fürstenbau. Übereinstimmung herrschte unter den Fachleuten, das wertvolle Stadtpalais mit finanziellen Mitteln des Landes und der Bundesstiftung zu sanieren, auch wenn zum Zeitpunkt keine dem hohen Rang des Hauses adäquate Nutzung erbracht werden konnte. Denn nur ein Standesamt und eine gehobene Gastronomie (die in Weißenfels niemals funktionieren kann) sind letztlich eine unzureichende Notlösung für die ca. 4,5 Mio. Euro teure Investition. Dessen ungeachtet ist inzwischen mit dem Bauwerk eine wirklich herausragende und zu recht viel besuchte barocke Sehenswürdigkeit entstanden.

Auch wenn sich OB Rauner in Sachen Stadtsanierung nun gern in der Öffentlichkeit mit diesem Prachtbau schmückt, Verdienste um seine Rettung hat er wahrlich nicht. Daher ist auch die Februarausgabe seiner Wahlkampfzeitung „Weißenfelser Perspektiven“ mit dem Beitrag ein „Fürstlicher Ort zum Heiraten“ wieder so ein Akt von Scheinheiligkeit, denn die Wiederherstellung dieses Gesamtkunstwerkes mit seinem plastischen Schmuck, seinen Deckengemälden und farbigen Ausmalungen wollte er ja, wie oben dargestellt, bis 2003 noch verhindern. Da aber das Werk nun mal so prachtvoll aufgeführt worden ist, muss er daran auch seinen möglichst großen Anteil haben. Die einst aufrechten Streiter für die Bewahrung kultureller Werte der Stadt und Kritiker seiner genau diese Werte gefährdende Kommunalpolitik werden aber von ihm in Wahlkampfschriften und anderen Machwerken als Menschen diffamiert, die angeblich „ihre Stadt schlecht machen“. Schlecht ist nur die Politik, die Rauner und seinesgleichen machen.

So kurz vor der Oberbürgermeisterwahl 2008 führt sich Rauner auch noch als Retter anderer historischer Bauten auf, gemeint sind die Häuser Markt 6/7 und Leipziger Str. 1. Und auch in diesem Fall möchte er gern die tatsächlichen Initiatoren für deren Sanierung ausgrenzen und die Wahrheit verdrehen. So wandte er sich anlässlich einer kurzen Rede zur Eröffnung des Ostermarktes 2007 mit den Worten an die Markthändler, sie sollten ja nicht auf die Ewig Gestrigen und Schlechtredner der Stadt hören. Er zeigte dann auf die drei genannten Gebäude und sagte weiter, dass diese Häuser schon im nächsten Jahr fertig saniert und durch die Stadtverwaltung und andere Nutzer bezogen sein würden. Rauner erweckte damit den Anschein, als ob es ihm selbst daran gelegen wäre, diese alte Bausubstanz am Markt zu retten. Im gleichen Atemzug betonte er wieder, dass da Menschen wären, die über die Stadt schlecht redeten. Er meinte ohne Zweifel seine Kritiker aus der Stadtratsfaktion „Bürger für Weißenfels“ und aus dem Verein „Aktionsbündnis zur Erhaltung der Weißenfelser Altstadt“. Auch in diesem Fall war Rauner erst wieder auf den fahrenden Zug (der Sanierung) gesprungen, als dieser nicht mehr zu stoppen war.

Denn wir erinnern uns wieder: Ein anderes wichtiges Kampfziel seiner Rathauspolitik war noch bis vor drei Jahren die Sanierung des Marktplatzes. Verfallende Gebäude in der Altstadt sind ihm eigentlich egal. Letztlich kann man sie immer noch abreißen, um die für ihn „imageschädigenden Schandflecke“ zu beseitigen. Ein ordentlicher Marktplatz vor seinem Rathausfenster ist deshalb viel wichtiger. Weit über zwei Mio. Euro wollte man sich das Ganze kosten lassen. Extra deshalb wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt (Übrigens unter der Leitung des Rostocker Architekten Michael Bräuer, der später die Expertengruppe Denkmalschutz leitete, die den Abriss der Häuserzeile in der Klosterstraße unterstützte und sich für die Errichtung von Stahlcontainern gegenüber dem Novalishaus aussprach.). Der Siegerentwurf des Wettbewerbs sah quasi eine Luxussanierung des Marktplatzes vor, u.a. mit nächtlichen Leuchtbändern und rhythmischen Wasserspielen, die im Anklang an eine Fuge, (einem musikalischen Kompositionsprinzip der Barockzeit) den Platz schmücken sollten.

Rauner und die CDU-Fraktion im Stadtrat stimmten für die Umsetzung dieses Entwurfs, doch eine Mehrheit der Abgeordneten war dagegen. Bereits über 200 T€ waren an Planungskosten inzwischen verbraucht worden. Die Stadträte verlangten trotzdem eine Umwidmung der Fördermittel, um damit entweder die ruinösen Häuser Markt 6/7 und Leipziger Str. 1 oder die Kavaliershäuser zu sanieren. Auch zahlreiche Geschäftsleute, wie etwa der Goldschmied Jens Fischer, waren der Auffassung, dass der Marktplatz nicht so desolat sei, um nicht noch warten zu können. Wichtiger sei vielmehr die Sanierung historischer Gebäude. Wortführer der Mehrheitsfraktion für eine andere Verwendung der Fördermittel waren Stadtrat Hartwig Arps und die Fraktion „Bürger für Weißenfels“. Doch ohne heftigen Widerstand im Stadtparlament ging das nicht. Nach Rauners Verlautbaren wären angeblich die Fördermittel nicht für andere Maßnahmen zu verwenden, da das Geld projektgebunden beantragt worden sei. Im Nachhinein hat sich seine Behauptung als glatte Lüge herausgestellt, denn das Geld wurde problemlos umgewidmet. Die Mehrheit der Stadträte hatte sich damals nicht irritieren lassen und durchgesetzt, dass die historischen Gebäude am Markt saniert werden sollten. Nun spielen sich Rauner und CDU-Fraktionäre so auf, als wären sie die Rettung dieser Gebäude. Natürlich wurde der Chef des Rathauses danach beauftragt, eine sinnvolle Nutzung für die Häuserzeile zu finden. Daher sollen nach Fertigstellung der Gebäude Teile der Verwaltung, ein Bürgerbüro, ein Stadtbüro der WVW und in den beiden oberen Etagen des Gebäudes Markt 6 die IHK einziehen. Aber wie gesagt, der Zug rollte wieder, bevor Rauner, gedrängt durch den Beschluss des Stadtrates, auf ihn aufsprang und handeln musste. So kommt ihm sogar der Titel eines „Sanierers historischer Gebäude wider Willen“ zu.

Auch weiterhin liegt ihm vielmehr daran, eine neue Planung für die Umgestaltung des Marktes anzukurbeln, als schlüssige Konzepte für die Erhaltung historischer Baudenkmale zu initiieren. Die große Anzahl von Gebäudeabbrüchen in seiner Amtszeit und der überaus beklagenswerte Zustand ganzer Häuserzeilen in der Saal-, Schützen-, Nikolaistraße und Promenade sind Beweis genug für seine Unempfindlichkeit gegenüber der notwendigen Rettung architektonischer Objekte unserer Stadt. Im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik und des Wahlkampfes versäumt er es aber nicht, darüber dicke Krokodilstränen zu vergießen. Ihn schmerze selbstverständlich jeder Gebäudeabriss, leider müsse das aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geschehen. Für die Notsicherung des Hofmarschallhauses seien aber immerhin 70 T€ aufgewendet worden. Vermutlich müssen auch hier wieder andere die höchst notwendige Sanierung ankurbeln. Denkt man des weiteren an andere hochrangig gefährdete Bauwerke wie Kloster, Hoffischerei, Marstall, Orangerie, dann rundet sich der Eindruck schlimmster Versäumnisse des Handelns auch in Rauners Amtszeit ab.

Höchst bedenklich ist inzwischen auch der Erhaltungszustand der Häuser Marienstraße 2-10, den äußerst wichtigen steinernen Zeugen der Barockzeit. Die Holzerker der beiden Häuser Nr. 2 und 4 sind bereits in einem miserablen Zustand und statisch so instabil, dass sie mit massiven Holzgestellen abgestützt werden müssen. Wie auf zwei mächtigen Krücken stehen nun die völlig maroden Kavaliershäuser zwischen Rathaus und Marienkirche – geradezu symbolisch für unsere insgesamt schwerkranke Altstadt, trotz einiger toll herausgeputzter Einzeldenkmale. Seit Jahren bestehen schon die Forderungen, die Häuser Marienstr. 2-10 für Verwaltungszwecke herzurichten. Bereits Ende der 90er Jahren gab es dafür im Rathaus bereits sehr konkrete Untersuchungen und Raumnutzungskonzepte. Leider hat sich Rauner nicht weiter darum gekümmert, entsprechende Vorstöße sogar blockiert. Mein vor vier Jahren im Stadtentwicklungsausschuss gestellter Antrag zur Herrichtung der Gebäude für die Verwaltung wurde bereits im Vorfeld der Beratung abgewiesen, d.h. der Antrag wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses einfach aus der Tagesordnung gestrichen. Das kann er nicht eigenverantwortlich tun, sondern nur in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister. Hinsichtlich der Sanierung dieser kostbaren Baudenkmale hat sich bis heuteleider nichts getan. Wohl liegen dem Stadtrat seit Ende 2007 neue Planungen für ihre Instandsetzung und Nutzung als Technisches Rathaus vor, doch fehlt dafür das Geld. Und niemand weiß, wie sich die Situation der Fördermittelvergabe im Land entwickeln wird.

Noch im September 2005 hatte Rauner gegenüber dem Vorstand des Aktionsbündnisses vollmundig geäußert, wenn es Nutzungen für historische Gebäude gäbe, könne er auch das Geld für ihre Sanierung beschaffen. Nun gibt es für die Kavaliershäuser eine Nutzung, doch bleibt abzuwarten, ob es dem großen Geldbeschaffer gelingt, bei seinen „Freunden“ in Magdeburg entsprechende Fördermittel einzuwerben. Seine großen Sprüche sind meist so schnell ver-raucht wie ausgesprochen. Das war beim Geld beschaffen für einen an sich unnötigen Kunst-rasen-Sportplatz in der Neustadt natürlich etwas anderes. Das Prestigeobjekt soll ihm in der anstehenden OB-Wahl Wählerstimmen bringen. Sich als Oberbürgermeister aber engagiert für die Bewahrung der Altstadt einzusetzen, setzt voraus, dessen kultur-historischen und immer mehr auch touristischen Werte zu erkennen und dafür ein Herz zu haben. Ein Nur-Sportanhänger kann dafür aber nur schwerlich etwas empfinden.

Dr. Otto Klein


Planungsrecht

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